Die USA – Der Krieg, die Wirtschaft und die Wahlen German Share Tweet German translation of USA: The War, the Economy & the Elections (March 6, 2008) Vor fast fünf Jahren marschierten US-amerikanische Truppen in den Irak ein. Man wird schwindlig bei dem Gedanken, wie viele Menschenleben, wie viel Leid und wie viele ökonomische Ressourcen dieser Krieg gekostet hat. Nach Schätzungen des Pentagon sind 37.500 Zivilisten im Irak getötet worden. Ein unabhängiges Meinungsforschungs- institut setzt die Zahlen 32 Mal höher, bei einer Million, an. Fast 4000 US-Soldaten wurden getötet und 30.000 weitere erlitten teils schwere Verwundungen wie Hirnschäden oder mussten amputiert werden. Dies ist nur die Spitze des Eisbergs und berücksichtigt nicht die langfristigen Auswirkungen von abgereichertem Uran, posttraumatischen Stresssyndromen, Depressionen und Selbstmordversuchen usw. Die Kriege im Irak und in Afghanistan kosten täglich jeweils $ 275 Millionen. Bisher sind fast eine Halbe Billion Dollar ausgegeben worden, 4.100 Dollar pro Haushalt in den USA. Laut eines kürzlich veröffentlichten Berichts des Congressional Research Service (CRS) sind die monatlichen Kosten von $ 4,4 Milliarden im Jahre 2004 auf $10,3 Milliarden 2007 angestiegen. Bis Ende 2009 könnten sich die Kosten für die Kriege im Irak und in Afghanistan auf 1 Billion Dollar belaufen. Sogar ein reiches Land wie die USA kann diese Kosten nicht ewig aushalten. Jeder Dollar, der für die Kriege ausgegeben wird, fehlt im eigenen Lande für das Gesundheits- und Bildungswesen, günstige Wohnungen, Arbeitsplätze oder die Wiederherstellung der maroden Infrastruktur. Die Auswirkungen der Kriege werden in den USA selbst deutlich gespürt. Und das während eines so genannten wirtschaftlichen Aufschwungs. Die offiziellen Erklärungen, dass das Land in eine Rezession eingetreten sei, kommen normalerweise erst Monate nachdem diese begonnen hat, wenn die Analysten des National Bureau of Economic Research (NBER) – einer private Forschungsorganisation, die sich dem Studium von Theorie und Empirie der Ökonomik widmet – die Fakten und Zahlen auswerten. Aber führende Ökonomen der wichtigsten Wall-Street-Investmentbanken, wie Merrill Lynch und Goldman Sachs, glauben dass bereits ein Wendepunkt in Richtung Rezession erfolgt ist. Die Arbeitslosigkeit stieg im Dezember 2007 auf 5 Prozent an, während sie im März noch auf einem zyklischen Tief von 4,4 Prozent gelegen hatte. Das wirtschaftliche Wachstum verlangsamte sich im vierten Quartal 2007 und stieg nur um 0,6 %. Das gesamte Wachstum des Jahres betrug nur 2,2%, das schlechteste Ergebnis seit 2002. Noch nie hat solch ein starker Anstieg bei der Arbeitslosigkeit kombiniert mit einem derart geringen Wachstum in den letzten 60 Jahren nicht zu einer Rezession geführt. Die Immobilien- und Kreditkrise hat begonnen, sich auf weite Teile der Wirtschaft auszudehnen. Die Zahlungseinstellungen für Kredite mit flexibler Verzinsung, die 2007 abgeschlossen wurden, beliefen sich im November auf 11,2 %, doppelt so viele wie im Jahre 2006. Betroffen davon sind 300.000 Haushalte, jedoch werden als Folge dieser Krise sicherlich noch mehr Menschen ihre Häuser verlieren. Die Investitionen in neue Wohnungsprojekte gingen 2007 um 16,9 % zurück, der schlimmste Rückgang seit 25 Jahren. Zusätzlich fiel nach Berichten von Reuters der Dienstleistungsbereich, der zwei Drittel der wirtschaftlichen Aktivitäten in den USA ausmacht, im Januar auf ein Niveau zurück, das man in der Rezession im Jahre 2001 zuletzt erlebt hatte. Der von Reuters und der Universität von Michigan ermittelte Konsumklima-Index fiel von 78,4 im Januar 2008 auf 69,6 im Februar und erreichte damit die niedrigsten Werte seit Februar 1992. Der Index war nur während der Rezessionen Mitte der 1970er, zu Beginn der 1980er und 1990er so niedrig. Der Index des Instituts für Beschaffungsmanagement für den nicht produzierenden Sektor stürzte von 54,4 im Dezember 2007 auf 41,9, wobei ein Wert von unter 50 auf einen Abschwung hinweist. Der Beschäftigungsindex fiel von 51,8 auf 43,9 und untermauert damit den Einkommensbericht vom Januar, der den ersten Rückgang der monatlichen Nettoeinkünfte auf dem Arbeitsmarkt seit mehr als vier Jahren aufwies. Es ist momentan schwer genau vorherzusagen, wie schwer diese Krise sein und wie lange sie dauern wird, viele Millionen US-amerikanischer ArbeiterInnen verspüren bereits jetzt ihre Auswirkungen. Das hat schon zu sinkenden Steuereinnahmen für die Regierung geführt, aber Bush hat einen Haushalt aufgestellt, der erstmals in der Geschichte der USA drei Billionen Dollar beträgt. Nach Bushs eigenen Schätzungen wird das 2008 zu einem Haushaltsdefizit von 410 Milliarden Dollar und 2008 von 407 Milliarden Dollar führen und somit das Gesamtdefizit des Staates von $ 3,3 Billionen, als er das Präsidentenamt übernahm, auf $ 5,9 Billionen erhöhen. $ 2,3 Billionen davon sind Schulden bei ausländischen Banken und Investoren. Das geplante Budget würde die Militärausgaben und die militärische Hilfe für die "Hauptverbündeten" auf der ganzen Welt, d.h. von Ländern, die ihre eigene Bevölkerung unterdrücken, um die Interessen der US-Konzerne zu verteidigen, dramatisch steigen lassen. Um das alles finanzieren zu können, wird die Regierung Programme im eigenen Land wie Medicare, die schon stark beschnitten wurden, weiter kürzen und Dutzende sozialer Dienstleistungen abschaffen. Es ist keine Überraschung, dass der Haushalt dem Verteidigungsministerium 515 Milliarden Dollar zuweist, darin sind die Anforderungen weiterer Milliarden für die Kriege im Irak und in Afghanistan nicht enthalten. Inflationsbereinigt wird das der größte Militärhaushalt seit dem 2.Weltkrieg sein. Es handelt sich hierbei um einen "Kanonen statt Butter"- Haushalt, eine offene Deklaration für steigenden Militarismus im Ausland und einen weiteren unerbittlichen Angriff auf die ArbeiterInnen im eigenen Land. Die herrschende Klasse in den USA erwartet vom nächsten Präsidenten, unabhängig davon ob er Republikaner oder Demokrat ist, die gleichen rücksichtslosen Kürzungen. Was das Ganze noch schlimmer macht, Bushs Notfallprogramm gegen die Rezession sieht u.a. $ 300 Millionen für arme Kinder in den ärmeren Vierteln der Großstädte vor, nur etwas mehr als die täglichen Ausgaben für die Kriege im Irak und in Afghanistan. Und wenn man dann folgende Rechnung macht: 300 Millionen Dollar geteilt durch 15 Millionen Kinder, die in Armut leben, erhält man den Riesenbetrag von 20 Dollar pro Kind. Das alles hat natürlich Einfluss auf das Bewusstsein der US-AmerikanerInnen. In einem Wahljahr halten viele Menschen nach einer Lösung ihrer ernsthaften und wachsenden Probleme durch die Wahl Ausschau. Während der Irak-Krieg immer noch eine wichtige Bedeutung hat, ist die wirtschaftliche Entwicklung bei den WählerInnen beider Parteien von höchster Priorität. Vor allem viele Jugendliche wenden sich den Demokraten und hier besonders Barack Obama zu. Der vermutliche Kandidat der Republikaner John McCain hat seine gesamte politische Zukunft auf die Weiterführung des Irak-Krieges gesetzt. Aber werden die beiden Kandidaten der Demokraten auch nur annähernd die Forderung der Mehrheit der US-AmerikanerInnen nach sofortigem Abzug der Truppen erfüllen? Trotz aller schön klingenden Wahlversprechen zeigen die Erfahrungen der letzten fünf Jahre, dass wir uns bei der Beendigung des Krieges weder auf die Republikaner noch die Demokraten verlassen können. Deshalb arbeitet die Workers International League (WIL) – die US-amerikanische Sektion der Internationalen Marxistischen Tendenz – in einer großen Koalition von Organisationen und Individuen, um eine breite, vereinigte und demokratische Antikriegs-Bewegung zu errichten, die das Ziel hat, in den nächsten Monaten und Jahren Massendemonstrationen zu organisieren. Wir müssen auch energisch an der Schaffung einer politischen Alternative zum Duopol der Demokraten und Republikaner, einer Massenpartei der ArbeiterInnen, arbeiten. Massenmobilisierungen und die Errichtung einer Arbeiterpartei sind der einzige Weg, den Krieg zu stoppen und unsere Lebensbedingungen zu verbessern. In einer Epoche wachsender Polarisierung und Ungleichheit wird der nächste Präsident zwangsläufig zur "Einheit" der Nation und der beiden großen Parteien aufrufen. Mit anderen Worten, er oder sie wird die US-amerikanischen ArbeiterInnen aufrufen, ihre Interessen den Interessen der Reichen unterzuordnen, um die Gürtel enger zu schnallen und das System, das den Profit durch ihre Arbeit erwirtschaftet, zu erhalten. Da aber der "amerikanische Traum" fortwährend zu einem "amerikanischen Albtraum" wird, werden immer mehr Menschen eben dieses System, das stets krisenanfälliger wird, in Frage stellen. Source: Der Funke