Thesen zur Klimakrise der IMT Share TweetDer Klimawandel stellt eine kolossale Bedrohung für die Menschheit dar und hat in der letzten Zeit zu gewaltigen Protesten (vor allem von jungen Menschen) geführt. Nur eine sozialistische Umgestaltung der Gesellschaft, bei der die Produktion von der Arbeiterklasse demokratisch und in Harmonie mit dem Planeten geplant wird, kann die Bedrohung des Klimawandels beenden.[Source]Dieses Dokument der IMT erklärt unser revolutionäres Programm für den Umgang mit der Klimakrise. Es wurde vor der Pandemie für den IMT-Weltkongress 2020 entworfen, wurde aber nun im Lichte der jüngsten Ereignisse an einigen Stellen aktualisiert. Die gesamte Aufmerksamkeit der Welt richtet sich derzeit auf die Bekämpfung der COVID-19-Pandemie. Doch wenn (falls) deren anfängliche Gefahr abklingt, droht eine weitere – noch größere – existenzielle Bedrohung: die des Klimawandels. Die Regenwälder brennen. In Australien und Kalifornien wüten Waldbrände. Überschwemmungen verwüsten Indonesien und Bangladesch. Ganze Inseln und Küstengebiete werden rasch überschwemmt. Dürren und Hungersnöte führen zu einem Exodus von Flüchtlingen. Hitzewellen in Europa töten jeden Sommer tausende von Menschen. Jeden Tag verschwinden ganze Arten vom Planeten. Die Klimakrise ist kein hypothetisches Problem für künftige Generationen, sondern bedroht uns im Hier und Jetzt. Als Reaktion haben sich weltweit Massenbewegungen von Studierenden und Jugendlichen die Straße genommen. «The oceans are rising, and so are we», hieß es auf einem Plakat in London. Millionen haben sich an diesen internationalen Protesten beteiligt. Im September 2019 beteiligten sich schätzungsweise sechs Millionen Menschen an den globalen Klimastreiks «Fridays for Future». In Städten in den USA, Kanada, Deutschland, Italien und Grossbritannien gab es Demonstrationen von Hunderttausenden. Der Kapitalismus tötet den Planeten. Dies ist die Schlussfolgerung, die viele Aktivisten korrekt gezogen haben. Daher die Forderungen, die weithin von den Klimastreiks gestellt werden: «System change, not climate change»; «Planet over Profit». Es ist das kapitalistische System, das mit seinem unersättlichen Streben nach Profit für die Zerstörung der Umwelt verantwortlich ist. Ökosysteme werden ausgelöscht und die Verschmutzung der Luft, die wir atmen, und des Wassers, das wir trinken, schreiten voran. Im Kapitalismus ist es das Großkapital, das darüber entscheidet, was und wie produziert wird. Aber dies geschieht nicht nach einem Plan. Stattdessen wird unsere Wirtschaft der ‘unsichtbaren Hand’, d.h. der Anarchie des Marktes, überlassen. Die Unternehmen sparen an allen Ecken und Enden und umgehen Vorschriften, wo immer dies notwendig ist. Sie werden weiterhin nichts unversucht lassen um Kosten zu senken, ihre Konkurrenten auszustechen, neue Märkte zu erobern und ihre Gewinne zu maximieren. Das ist ein selbstzerstörerischer Wettlauf. Doch dieser ist nicht einfach das Produkt gieriger Bosse. Er ist die logische Folge der ökonomischen Gesetze des Kapitalismus: ein System, das auf Privateigentum, Wettbewerb und Produktion für den Profit basiert. Das Ausmaß der Probleme ist enorm. Das UN IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) geht davon aus, dass die globale Erwärmung auf 1,5°C begrenzt werden muss, um eine Umweltkatastrophe abzuwenden. Um dies zu erreichen, müssten die gesamten Treibhausgasemissionen bis 2030 um 45 Prozent reduziert werden und bis 2050 ein Netto-Null-Niveau erreichen. Darüber hinaus müssen gross angelegte Anpassungs- und Minderungsmaßnahmen – wie der Bau von Hochwasserschutzanlagen und die Wiederaufforstung – ergriffen werden. Es wird geschätzt, dass all dies jedes Jahr weltweit zusätzliche Investitionen von über 2 Billionen US-Dollar erfordern würde, etwa 2,5 Prozent des globalen BIP. Die Wissenschaft und Technologie, um dies zu erreichen, sind vorhanden. Die Stromnetze könnten mit Wind-, Sonnen- und Gezeitenkraft dekarbonisiert (ohne oder mit wenig CO2-Emission) werden. Autos und Transportsysteme könnten auf Elektrizität, Batterien und Wasserstoff umgestellt werden. Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz könnten den Energiebedarf von Haushalten und Industrie drastisch senken. Die Umweltverschmutzung könnte drastisch reduziert werden. Nahrungsmittel könnten nachhaltig angebaut werden. Abfall könnte wiederverwertet werden. Waldflächen könnten wieder aufgeforstet werden. Aber diese lebenswichtigen Maßnahmen erfordern allesamt zwei Dinge: Planung und Ressourcen. Beides kann der Kapitalismus nicht leisten. Die Grundlage der kapitalistischen Produktion sind Privateigentum und Wettbewerb. Anstatt Planung, um soziale und ökologische Bedürfnisse zu befriedigen, hat im Kapitalismus das Streben nach Profiten für eine Handvoll nicht gewählte und nicht rechenschaftspflichtige Kapitalisten größte Priorität. Außerdem: Woher soll das Geld im Kapitalismus kommen, um die erforderlichen drastischen Veränderungen zu bezahlen? Die Weltwirtschaft ertrinkt in Schulden nach dem Einbruch von 2008, einem Jahrzehnt der Sparmaßnahmen und einer neuen tiefen Depression, welche durch die Pandemie ausgelöst wurde. Weitere Kürzungen – und nicht etwa Investitionen – sind an der Tagesordnung. Die Bewältigung der Klimakrise ist nun das letzte, was die herrschende Klasse im Kopf hat. Die Kapitalisten werden nicht in die erforderlichen Maßnahmen investieren, aus dem einfachen Grund, weil es sich nicht lohnt, dies zu tun. In der Tat stehen Technologien wie erneuerbare Energien, die potenziell einen Überfluss an grünem, sauberem, nahezu kostenlosem Strom liefern könnten, grundsätzlich im Widerspruch zum Profitmotiv und zum Marktsystem. Staatlich subventionierte Investitionen in die Versorgung mit erneuerbaren Energien haben beispielsweise die internationalen Strommärkte lahmgelegt. Überflutet von billigem, überreichlich vorhandenem Ökostrom sind die Preise nach unten gedrückt worden, so dass der Betrieb von Kohle- und Gaskraftwerken unrentabel geworden ist. Dies hat zu einem starken Rückgang der privaten Investitionen in die neue Stromerzeugung geführt. Aber die Haushalte kommen nicht in den Genuss niedrigerer Rechnungen, da weitere staatliche Subventionen bereitgestellt werden, um die großen Energiemonopole zu stützen. Mit anderen Worten: Der Markt kann das Problem nicht lösen, der Markt ist das Problem. Es läuft auf eine einfache Frage hinaus: Wer zahlt? Der Reichtum existiert, aber er liegt untätig auf den Bankkonten des Grosskapitals und wird von den imperialistischen Mächten für Zerstörungsmittel vergeudet. Allein 10 riesige US-Konzerne horten über 1,1 Billionen Dollar in bar. Und die gesamten weltweiten Militärausgaben belaufen sich auf 1,8 Billionen Dollar pro Jahr. Im Kapitalismus fallen also nicht nur die Auswirkungen des Klimawandels mit überwältigender Mehrheit auf die Schultern der Arbeiterklasse, der Armen und der Schwächsten, sondern auch die Kosten für die Abwendung der Umweltkatastrophe. Das in Form von höheren Preisen, Kohlenstoffsteuern und Sparmaßnahmen. Greta Thunberg gründete Fridays for Future. Die 17-jährige Schwedin ist zum Gesicht und zur Stimme der internationalen Klimastreikbewegung geworden. In ihren Reden vor den ‘world leaders’ am WEF in Davos und auf UN-Gipfeln warnt sie davor, dass «unser Haus brennt». «Ich will, dass ihr in Panik geratet», sagt Thunberg ihrem Elitepublikum, «und dass ihr handelt». Doch ihre Plädoyers an die Politiker für dringendes Handeln stoßen auf taube Ohren. Diese Trägheit der Herrschenden ist aber nicht nur auf einen Mangel an politischem Willen zurückzuführen. Die Politiker des Establishments verhalten sich in dieser Frage nicht passiv, weil es ihnen an Entschlossenheit mangelt, sondern weil ihr Hauptzweck darin besteht, das kapitalistische System zu verteidigen und nicht die Zukunft der Menschheit oder des Planeten. Thunberg hat darauf hingewiesen, dass Wissenschaftler ignoriert werden, und fordert die Regierungen auf, auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse und Ratschläge zu hören. Aber die Kapitalisten und ihre politischen Vertreter werden sich weder von moralischen Argumenten noch von Fakten und Zahlen überzeugen lassen. Zu denen haben sie reichlich Zugang. Letzten Endes wird diese abgehobene Elite nichts tun, um die Erde zu schützen, da ihr einziges Kriterium die Profitmaximierung auf unsere Kosten ist. Einige Regierungen haben symbolisch einen «Klimanotstand» ausgerufen, um die Wählerinnen und Wähler zu besänftigen. Aber dies ist eine leere Phrase, wenn sie aus den Lippen dieser Politiker des Großkapitals gesprochen wird. Schließlich sind es im Kapitalismus nicht sie, die wirklich entscheiden. Stattdessen wird unser Schicksal den Launen des Marktes überlassen. Globale Maßnahmen sind erforderlich, um ein globales Problem zu lösen, aber kapitalistische Regierungen sind machtlos. Endlose Klimagipfel werden einberufen und internationale Verträge unterzeichnet. Aber das ist alles heiße Luft. Selbst wenn Vereinbarungen getroffen werden, sind diese Protokolle und Abkommen zahnlos. Die Ziele sind unverbindlich. Unter Trump haben sich die USA – die größte Volkswirtschaft der Welt und der größte Emittent von Kohlendioxid – bereits aus dem Pariser Abkommen von 2015 zurückgezogen und es damit im Sande verlaufen lassen. Die Wurzel dieses Problems sind der Nationalstaat und das private Eigentum an den Produktionsmitteln. Sie sind heute eine Schranke für jede Entwicklung. Im Kapitalismus müssen die nationalen Regierungen letztlich den Interessen ihrer eigenen Kapitalistenklasse dienen. Wie eine Piratenbande können sie vielleicht für eine Weile kooperieren, solange es genug Plünderung gibt. Aber sobald die Beute schrumpft, werden sich die Banditen und Gangster schnell gegenseitig an die Kehle gehen. Und in dieser Zeit des Protektionismus und der kapitalistischen Krise versucht jede Regierung, ihre Probleme in andere Länder zu exportieren, was zu einer «Beggar-thy-neighbour» (ruiniere deinen Nachbarn)-Politik, geopolitischer Instabilität und einem Zusammenbruch der Zusammenarbeit in internationalen Fragen führt. Angesichts dieser Ohnmacht gehen die AktivistInnen des Klimastreiks massenhaft auf die Straße – sie besetzen Straßen und legen Städte lahm, um auf sich aufmerksam zu machen und die Politiker zum Handeln zu zwingen. Überall auf der Welt sind Millionen von Studierenden und Jugendlichen zum ersten Mal politisch aktiv geworden und fordern sofortiges Handeln und systematische Veränderungen. Diese Mobilisierungen haben eine neue Generation mit einem Gefühl von Selbstvertrauen, Macht und Zielstrebigkeit erfüllt. Für diejenigen, die protestieren, ist der Gedanke einer massenhaften, militanten Aktion heute die Norm, nicht die Ausnahme. Das Wort «Streik» ist jetzt fest in den Köpfen der jungen Menschen verankert. Viele Aktivistinnen und Aktivisten sind zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass eine Massenmobilisierung unerlässlich ist. Aber wir müssen auch die Lehren aus der bisherigen Bewegung ziehen und ihre Grenzen erkennen. Straßenproteste, Schul- und Studierendenstreiks reichen nicht aus. Klimaaktivisten müssen sich mit der organisierten Arbeiterklasse verbinden und für radikale politische Veränderungen kämpfen. Die Ideen von Massenmobilisierung, der kämpferischen Aktion und des Systemwandels ist ein enormer Fortschritt im Vergleich zum individualistischen Umweltaktivismus der Vergangenheit. Aber mangels einer klaren und konsequenten revolutionären Führung wird die Klimabewegung weiterhin vom Gespenst dieses alten, liberalen, kleinbürgerlichen Umweltschutzes heimgesucht. Am bemerkenswertesten ist dies in der Fülle von seltsamen und wunderbaren Ideen, wie «Degrowth» (Wachstumskritik) und «Anti-Konsumismus», die in der Bewegung schwelen und oft die Debatte beherrschen und den Radikalismus der streikenden SchülerInnen und Studierenden übertönen. All diese Ideen sind im Grunde genommen ein Wiederkäuen der reaktionären Argumente von Thomas Malthus, dem Wirtschaftswissenschaftler des frühen 19. Jahrhunderts, der behauptete, dass Hungersnot, Armut, Krankheiten und eine weit verbreitete Sterblichkeit das Ergebnis einer «Überbevölkerung» seien. Heute erscheint dasselbe Argument nicht nur in Form von «es gibt zu viele Menschen», «zu viele Münder zu stopfen», sondern auch «wir leben über unsere Verhältnisse», dass «wir alle zu viel konsumieren». Mit anderen Worten, dass die Schuld an der Umweltkrise bei den einfachen Menschen liegt und nicht beim System. Friedrich Engels antwortete Malthus vor langer Zeit. «Es wird zu wenig produziert, daran liegt die ganze Sache. Aber weshalb wird zu wenig produziert?» fragte Engels rhetorisch. «Nicht weil die Grenze der Produktion – selbst für heute und mit heutigen Mitteln – erschöpft wäre. Nein, sondern deshalb, weil die Grenze der Produktion bestimmt wird nicht durch die Anzahl der hungrigen Mägen, vielmehr durch die Anzahl der kaufenden zahlungsfähigen Geldbeutel. Die bürgerliche Gesellschaft will nicht, kann nicht wollen, mehr produzieren. Die geldlosen Mägen, die Arbeit, die nicht mit Profit verwandt werden kann, die also nicht kaufen kann, die verfallen der Sterblichkeitsziffer» (S. 467). Malthus‘ apokalyptische Vorhersagen wurden auch empirisch widerlegt. Die Fortschritte in der landwirtschaftlichen Technik ermöglichten es, eine größere Bevölkerung mit einem höheren Ernährungsniveau zu erhalten. Ähnlich gibt es heute bereits die Technologien, um weit mehr zu produzieren, jedoch ohne die mit dem kapitalistischen System verbundene Umweltzersetzung und -zerstörung. Das Problem ist, wie Engels bemerkte, dass der Kapitalismus diese Produktivkräfte nicht profitabel nutzen kann. Es überrascht nicht, dass sich die Anhänger des Kapitalismus dieser neo-malthusianischen Scharade anschließen und vorschlagen, dass wir uns zusammenschließen und «ethische» individuelle Entscheidungen treffen müssen. Wir sollen mehr recyceln; weniger fliegen; vegan leben usw. Das sehen sie als Lösung für der Umweltkrise. Letztlich spielt die Konzentration auf individuelle Handlungen und die Veränderung des persönlichen Lebensstils eine nützliche Rolle für die herrschende Klasse und lenkt die einfachen Leute von der eigentlichen Aufgabe ab: die Gesellschaft grundlegend nach sozialistischen Grundsätzen umzugestalten. Die «Lösungen», die diesem individualistischen Mantra entsprechen, sind völlig reaktionär. Im Wesentlichen sind sie nur ein «Greenwashing» der Austeritätspolitik. Die Arbeiterinnen und Arbeiter sowie die Armen sollen den Gürtel enger schnallen, um ein Problem zu lösen, das von den Kapitalisten und ihrem System geschaffen wurde. Den «Anti-Konsumisten» müssen wir eine ganz einfache Frage stellen: Wer konsumiert zu viel? Die Millionen von Arbeiterhaushalten in der sogenannt entwickelten Welt, die zwischen Heizen und Essen wählen müssen? Die Massen in den «Entwicklungsländern», die darum kämpfen, ihre Familien zu ernähren? Die Arbeiter und Armen auf dem ganzen Planeten, die in einem Zustand der Armut inmitten des Überflusses leben? Wie die Statistiken zeigen, ist eine Person des globalen «1 Prozent» für 175-mal so viel Kohlenstoffemissionen verantwortlich wie jemand aus den unteren 10 Prozent. Und die ärmste Hälfte der Weltbevölkerung trägt nur zu 10 Prozent der gesamten Emissionen des Lebensstilkonsums bei, verglichen mit 50 Prozent der reichsten 10 Prozent. Diese «Emissionsungleichheit» ist nur ein Spiegelbild der allgemeinen, schmerzlichen wirtschaftlichen Ungleichheit, die dem Kapitalismus innewohnt. Die Lohnabhängigen sind nicht dumm. Sie können die große Heuchelei des Establishments und ihrer politischen Sprecher erkennen, die den einfachen Leuten sagen, sie sollten «Opfer bringen», um des Planeten willen. Währenddessen lebt die superreiche kapitalistische Elite auf einem völlig anderen Planeten, sammelt obszöne Mengen an Reichtum an und fliegt in Privatjets herum. Daher die Massenproteste der Gilets Jaunes in Frankreich gegen die Versuche Emmanuel Macrons, den Arbeitern höhere Treibstoffsteuern aufzuerlegen, oder die Massenbewegungen, die kürzlich in vielen ehemaligen Kolonialländern gegen die vom IWF verhängte Abschaffung der Treibstoffsubventionen stattfanden. Sozialistinnen und Sozialisten müssen sich gegen alle derartigen Maßnahmen wenden –einschließlich der sogenannten CO2-Steuern. Diese Steuern fallen üblicherweise auf den Haushaltsverbrauch – auf Brennstoffe oder Energie – und nicht auf die Wirtschaft, wodurch die Last auf die Schultern der Arbeiterklasse und der Armen abgewälzt wird. Solche Steuern sind reaktionär und regressiv (gleicher Steuersatz für alle). Auf jeden Fall lösen sie die Klimakrise nicht, sondern sind nur eine weitere Sparmaßnahme. Wir stehen Schulter an Schulter mit den Gilets Jaunes und fordern, dass die Kapitalisten, nicht die Arbeiterklasse, für diese Krise bezahlen. Dem «Konsumismus» und «Wachstum» die Schuld zu geben, ist ein Täuschungsmanöver. Umweltschäden werden nicht durch Industrialisierung oder Wachstum verursacht, sondern durch die Art und Weise, wie die Produktion im Kapitalismus organisiert und kontrolliert wird. Weit davon entfernt für Effizienz zu sorgen, führt der Wettbewerb und das Profitmotiv zu einem Wettlauf nach unten, der enorme Verschwendung und Verschmutzung verursacht. Konzerne bauen eine Obsoleszenz (beschränkte Lebensdauer) in die Produkte ein, um mehr verkaufen zu können. Eine riesige Werbeindustrie versucht uns zum Kauf von Dingen zu überzeugen, die wir nicht brauchen. Unternehmen wie Volkswagen betrügen aktiv und verstoßen gegen Auflagen hinsichtlich der Umwelt, um Kosten zu senken und Gewinne zu steigern. Es ist das Profitmotiv, nicht das Wirtschaftswachstum selbst, welches das Problem ist. Wir leben in einem Wirtschaftssystem, das auf ständigem Konsum von Waren und der Akkumulation von Gewinnen aufbaut. Die Kapitalisten produzieren nicht, um Bedürfnisse zu befriedigen, sondern um Profite zu erzielen. Wenn also Waren nicht verkauft werden, schließen Unternehmen und Industrien und Millionen von ArbeiterInnen verlieren ihren Arbeitsplatz. Aus diesem Grund sind die Forderungen bestimmter Sektoren der grünen Bewegung nach «Nullwachstum» und «Degrowth» reaktionär. «Nullwachstum» wird im Kapitalismus als Rezession bezeichnet – und es sind die Arbeiterklasse und die Armen, die dafür zahlen müssen. Im Wesentlichen ist die «Degrowth»-Forderung ein Argument für eine permanente Rezession und permanente Sparmaßnahmen. Der Schwerpunkt der «Degrowth»-Theorie ist falsch und hemmt die Aktivität. Es muss eine Frage der Produktion sein und wie wir produzieren, nicht des Konsums und der «Konsumentenentscheidungen». Was nützen individualistische Boykotte angesichts der Anarchie und des Chaos des Marktes? Wir brauchen einen rationalen Produktionsplan unter demokratischer Kontrolle über die Wirtschaft, nicht individuelle Boykotte und «ethischen Konsum». Selbst wenn wir als Gesellschaft unseren kollektiven Konsum reduzieren wollten, wie wäre dies möglich, solange die Produktion vollständig besessen, kontrolliert und darüber entschieden wird von den Kapitalisten? Wie würden wir die Fleischindustrie schrumpfen lassen? Wie würden wir die Limitierung der Bevölkerung angehen? Wer würde entscheiden, was und wie viel produziert wird? Lediglich solche Fragen zu stellen, zeigt die Absurdität dieses individualistischen Umweltschutzes und die reaktionäre Natur des Malthusianismus in all seinen Facetten. Die Coronavirus-Krise hat die Grenzen dieses individualistischen, neo-malthusianischen, regressiven Ansatzes bloßgelegt. Die gesamte Weltwirtschaft ist zum Erliegen gekommen. Flugzeuge fliegen nicht mehr. Straßen sind leer. Die Nachfrage nach Öl ist zusammengebrochen. Der Verbrauch der Haushalte ist zusammengebrochen. Das Ergebnis ist, dass die globalen Kohlenstoffemissionen in diesem Jahr schätzungsweise um 8 Prozent sinken werden. Jedoch ist in den nächsten zehn Jahren jedes Jahr dasselbe Maß an Emissionsreduktion erforderlich, um die globale Erwärmung auf 1,5°C zu begrenzen. Wir können somit die reaktionären Grenzen der «Degrowth»-Ideologie erkennen. Wie die Lähmung infolge der Pandemie zeigt, können solche dramatischen Veränderungen im Kapitalismus nur auf völlig chaotische Weise zulasten der Wirtschaft erfolgen, die in eine schwere Depression mit Massenarbeitslosigkeit, Armut und Hunger gestürzt wird. Und selbst diese Veränderungen kratzen kaum an der Oberfläche dessen, was notwendig ist. Es liegt auf der Hand, dass eine systematische Umgestaltung der Produktion – und der gesamten Organisation der Gesellschaft – erforderlich ist, um die Emissionen im notwendigen Umfang zu reduzieren. Was es braucht, sind keine Veränderungen des persönlichen Lebensstils, keine Kürzungen des individuellen Konsums oder ein Rückfall in eine primitivere Form der Produktion (sogenannte Deindustrialisierung). Es werden bereits genügend Ressourcen produziert, damit jeder Mensch auf dem Planeten ein komfortables und menschenwürdiges Leben führen kann. Wenn diese in einer rationalen und gerechten Weise verteilt würden, gäbe es genug für alle, ohne zusätzliche Produktion oder Verschwendung. Was es braucht, ist eine systematische, grundlegende und internationale Umwälzung der Wirtschaft. Im Kapitalismus können Technologien und Techniken, die zur Steigerung der Produktivität eingeführt wurden, einen gegenteiligen Effekt hervorrufen und das Wachstumspotenzial völlig zerstören. Dies zeigt sich an den jüngsten Entwicklungen in der Landwirtschaft, wo der willkürliche Einsatz von Insektiziden und Kunstdünger die Insektenpopulationen dezimiert, dem Boden die Nährstoffe raubt und die Wasservorräte verschmutzt. Auf breiterer Ebene zeigt sich dies in der Art und Weise, wie Industrie und Verkehr Verschmutzung und Kohlenstoffemissionen ausstoßen und damit die natürliche Welt zerstören, von der letztlich die gesamte menschliche Gesellschaft abhängt. Dies ist eine Bestätigung dessen, was Marx im Kapital erklärt, als er das Wesen der landwirtschaftlichen Produktion im Kapitalismus erörterte: «Und jeder Fortschritt der kapitalistischen Agrikultur ist nicht nur ein Fortschritt in der Kunst, den Arbeiter, sondern zugleich in der Kunst, den Boden zu berauben, jeder Fortschritt in Steigerung seiner Fruchtbarkeit für eine gegebne Zeitfrist zugleich ein Fortschritt in Ruin der dauernden Quellen dieser Fruchtbarkeit. […https://en.wikipedia.org/wiki/Green_New_Deal#Supporters" style="box-sizing: border-box; background-color: transparent; color: rgb(153, 0, 0); text-decoration: none; outline: none; transition: all 0.2s ease 0s;">Das zeigt sich an der Vielfalt der Unterstützenden, die den Green New Deal von AOC unterzeichnet haben, darunter rechtsdemokratische Präsidentschaftskandidaten wie Biden, Buttigieg und Klobuchar. Diese vagen GND-Vorschläge laufen im Grunde auf einen Versuch hinaus, nach keynesianischer Strategie das kapitalistische System zu regulieren und zu verwalten. Aber der Kapitalismus kann nicht geregelt werden. Er kann nicht gezähmt und «grün» gemacht werden. Solange die Wirtschaft auf der Profitmacherei basiert, wird es das Big Business sein, das den Regierungen Vorschriften macht, nicht umgekehrt. Kurzum: Anstatt einen «Systemwechsel» anzubieten, versuchen die keynesianischen Forderungen des Green New Deal, das kapitalistische System vor sich selbst zu retten. Eine vielzitierte Studie zeigte, dass 100 Großunternehmen (hauptsächlich Produzenten fossiler Brennstoffe) für über 70 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind. Kürzlich wurde festgestellt, dass nur 20 Unternehmen seit 1965 ein Drittel des gesamten CO2-Ausstosses verursacht haben. Ebenso stammen nur etwa 3-10 Prozent der Deponieabfälle in fortgeschrittenen kapitalistischen Ländern aus Haushalten, der Rest ist hauptsächlich das Ergebnis großindustrieller Prozesse, des Baugewerbes und des Bergbaus. All dies hebt hervor, wo die eigentliche Schuld für die Umweltkrise liegt. Ebenso zeigt es deutlich die Lösung auf: Diese Unternehmen und Industrien sollen als Teil eines rationalen, sozialistischen Produktionsplans in gemeines Eigentum überführt und unter demokratische Kontrolle gebracht werden. Nur dann können wir eine nachhaltige Wirtschaft schaffen, in der ein steigender Lebensstandard nicht im Widerspruch zum Schutz des Planeten steht. In privaten Händen generieren die großen Monopole Unmengen an Abfall und Umweltschäden. Verstaatlicht unter einem sozialistischen Wirtschaftsplan könnten sie jedoch moderne grüne Technologien einsetzen, um Emissionen und Umweltverschmutzung innerhalb weniger Jahre zu reduzieren und gleichzeitig hochwertige Nahrungsmittel, Unterkünfte, Bildung, Transport und Gesundheitsversorgung für alle zu gewährleisten. Indem die besten Köpfe der Wissenschaft kombiniert werden mit den Fähigkeiten der Lohnabhängigen aus der Industrie, und das Ganze unter demokratischer Kontrolle geschieht, können wir alle technologischen Fähigkeiten der Gesellschaft und Ressourcen in den Dienst der Menschheit und des Planeten stellen. Der Lucas-Plan der 1970er aus Großbritannien zeigt das Potenzial auf. Organisierte ArbeiterInnen aus dem Militär und der Luft- und Raumfahrtindustrie haben einen detaillierten Vorschlag ausgearbeitet und zeigten somit, dass dieselben Fabriken sowie Maschinen umgerüstet und die Arbeiterinnen und Arbeiter anders eingeteilt werden könnten, um anstelle von Raketen und Waffen erneuerbare Technologien und fortschrittliche Gesundheitsgeräte herzustellen. Die Arbeiterinnen und Arbeiter wurden schließlich von den Labour- und Gewerkschaftsführern im Stich gelassen. Aber die schöpferische Kraft der Arbeiterklasse, die Produktion zu planen, wurde deutlich demonstriert. Das Beispiel des Lucas-Plans zeigt die Möglichkeit, und die Notwendigkeit, einer «Klimatransition». Es gibt keinen Grund, warum ein Umstieg auf grüne Industrien und die Schließung umweltverschmutzender Industrien zu Arbeitslosigkeit führen muss. Arbeiterinnen und Arbeiter können umgeschult werden. Fabriken können umgerüstet werden. Aber dies erfordert vergesellschaftetes Eigentum, die Arbeiterkontrolle und einen umfassenden Produktionsplan. Wenn man diese Aufgabe dem Markt überlässt, kann die Stilllegung veralteter Industrien nur zu einer dauerhaften Narbe in der Arbeiterklasse führen, wie die ehemaligen Bergbaugebiete Großbritanniens und der Rust-Belt in den USA zeigen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die Klimabewegung mit der Arbeiterbewegung zu verbinden. In einigen Ländern haben sich die Klimastreikenden zu Recht an die Gewerkschaften gewandt und um Unterstützung gebeten. Greta Thunberg selbst hat ArbeiterInnen auf der ganzen Welt dazu aufgerufen, sich mit Studierenden an globalen Streiks zu beteiligen. Gelegentlich haben die Gewerkschaften diesen Aufruf unterstützt und versprochen, an der Seite der jungen AktivistInnen zu streiken oder zu protestieren. Das ist der richtige Ansatz. Es ist nicht nur eine Angelegenheit für junge Menschen, sondern etwas, das alle Arbeiterinnen und Arbeiter betrifft. Die organisierte Arbeiterklasse muss an der Spitze des Kampfes gegen den Klimawandel stehen. Gruppen wie Extinction Rebellion agieren auf eine Art und Weise, die die Arbeiterbewegung ins Abseits drängt, indem sie sich ausschließlich auf eine Strategie der direkten Aktion und Werbegags konzentrieren. Ihr Ziel ist es, das «Bewusstsein zu schärfen» durch das Erlangen der Aufmerksamkeit der Medien, oft indem sie sich an Gebäuden und Verkehrsmitteln festmachen oder Straßen sperren. In einem fehlgeschlagenen Fall zogen AktivistInnen in Erwägung Drohnen einzusetzen, um die Schließung des Londoner Flughafens Heathrow zu erzwingen. Doch niemand aus dem Netzwerk dachte auch nur daran, mit Gewerkschaftsmitgliedern auf dem Flughafen Kontakt aufzunehmen, wo das Personal (einschließlich Gepäckabfertigung und Piloten) über mögliche Streikaktionen diskutierte. Ein Streik dieser Arbeiterinnen und Arbeiter hätte den Flughafen lahmgelegt – und dazu beigetragen, das Bewusstsein und das Vertrauen der Beschäftigten überall zu stärken – weitaus wirksamer als die unverantwortlichen Eskapaden der Extinction Rebellion. Anstelle dieser leichtsinnigen und unpolitischen Aktionen muss sich die Klimabewegung auf die Massenmobilisierung von ArbeiterInnen und Jugendlichen mit klaren sozialistischen Forderungen stützen. Die Macht der organisierten Arbeiterklasse, die mit einem sozialistischen Programm bewaffnet ist, wäre nicht aufzuhalten. Wie Marxistinnen und Marxisten schon immer erklärten, leuchtet keine Glühbirne und dreht sich kein Rad ohne die Erlaubnis der Arbeiterklasse. Linke politische und soziale Bewegungen sind auf der ganzen Welt auf dem Vormarsch. Die Aufgabe besteht darin, die Militanz und Radikalität der studentischen Klimastreiks in die breitere Arbeiterbewegung zu tragen, in der ArbeiterInnen und Jugendliche gemeinsam für eine klare sozialistische Umweltpolitik kämpfen. Ein solches Programm sollte folgende Forderungen enthalten: Große Energiemonopole, fossile Energiekonzerne und Übertragungsnetze verstaatlichen und unter die demokratische Kontrolle der ArbeiterInnen stellen, indem wir unsere Energieversorgung aus den Händen der Profiteure und Ölbarone nehmen. Mit gesellschaftlichem Eigentum könnten wir Masseninvestitionen in erneuerbare Energien tätigen und fossile Brennstoffe ausgliedern, während wir gleichzeitig die Preise für die Verbraucher senken. Enteignung der Bauunternehmen und Überführung von Land und Banken in Gemeineigentum. Auf diese Weise könnten wir ein umfassendes öffentliches Programm zur Wärmeisolierung bestehender Häuser und zum Bau neuer, qualitativ hochwertiger und energieeffizienter Sozialwohnungen durchführen. Den gesamten Verkehr – Fahrdienste (Uber etc.), Eisenbahnen, U-Bahnnetze, Busse, Straßenbahnen, Fluglinien und Schifffahrt – in Gemeineigentum bringen. Das derzeitige Chaos durch ein grünes, hochwertiges, weitreichendes, koordiniertes, integriertes und kostenloses öffentliches Verkehrssystem ersetzen. Die Automobilherstellung und die Luft- und Raumfahrtindustrie verstaatlichen und unter Arbeiterkontrolle bringen, um in grüne Fahrzeuge und Flugzeuge zu investieren. Alle natürlichen Ressourcen – einschließlich Land, Flüsse und Wälder – in öffentliches Eigentum und unter demokratische Kontrolle überführen. Es darf nicht zugelassen werden, dass der Kapitalismus und Imperialismus um des Profits Willen den Planeten verwüsten und plündern. Umsetzung eines weltweiten Massenprogramms zur Wiederaufforstung und zum Bau von Hochwasserschutzanlagen. Das Big Business aus den Universitäten werfen. Forschung und Entwicklung sollten öffentlich finanziert und demokratisch bestimmt werden. Sie sollte sich an den Bedürfnissen der Gesellschaft und des Planeten orientieren, nicht an den Profiten multinationaler Konzerne. Einführung der demokratischen Arbeiterkontrolle und -verwaltung in allen verstaatlichten Industrien und öffentlichen Diensten, mit einem von ArbeiterInnen geführten Lucas-Plan-Modell für den Übergang von umweltverschmutzenden Sektoren zu grünen Industrien und Arbeitsplätzen. Weit davon entfernt, die Umweltfrage zu ignorieren, zeigten Marx und Engels ein tiefes Interesse an diesem Thema. Ihre damalige Schlussfolgerung war, wie es auch unsere heutige ist, dass ein Ende der Umweltzerstörung in einem System, in dem kapitalistische Anarchie herrscht, niemals möglich wäre. Eine harmonische Entwicklung zwischen der Menschheit und der Natur ist nur auf der Grundlage eines bewussten, sozialistischen Plans möglich, wie Engels erklärt: «Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsern menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben. […] Und so werden wir bei jedem Schritt daran erinnert, dass wir keineswegs die Natur beherrschen, wie ein Eroberer ein fremdes Volk beherrscht, wie jemand, der ausser der Natur steht – sondern dass wir mit Fleisch und Blut und Hirn ihr angehören und mitten in ihr stehn, und dass unsre ganze Herrschaft über sie darin besteht, im Vorzug vor allen andern Geschöpfen ihre Gesetze erkennen und richtig anwenden zu können.» (S. 452f.) Nur mit einer sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft können wir die Bedürfnisse der Mehrheit im Einklang mit der Umwelt befriedigen, statt Gewinne für eine parasitäre Minderheit zu erwirtschaften. Wissenschaft und Technik existieren, um mit dem Klimawandel umgehen zu können. Aber im Kapitalismus zerstören diese Kräfte den Planten Erde, anstatt ihn zu retten. Sozialismus oder Barbarei: das ist die vor uns liegende Zukunft.