Klimachaos: Kapitalismus ist Schuld

Während die Temperaturen weltweit steigen, können die KapitalistInnen nichts anderes tun, als hilflos zuzusehen. Am Ende des Tages ist es ihr eigenes System, das an der Zerstörung schuld ist. Von Ben Curry.

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Dieser Sommer war geprägt durch extreme Wetterereignisse auf der ganzen Welt. Der Klimawandel ist keine Zukunftsmusik mehr, denn von Kalifornien bis zum nördlichen Polarkreis herrschen außergewöhnlich hohe Temperaturen.

In den letzten Jahren wurde ein Wetterrekord nach dem anderen gebrochen. Extremes Wetter ist keine Ausnahme mehr, sondern ist zur Regel geworden. Von den zehn heißesten Jahren, die seit 1880 gemessen werden konnten, sind nicht weniger als acht seit dem Jahr 2008 vorgekommen. Die Indizien für eine Veränderung unseres Klimas sind unwiderlegbar.

Bisher sind die Temperaturen proportional zur Menge an ausgestoßenen Treibhausgasen gestiegen. Jedoch könnte sich das bald ändern. Momentan ist die Erde im Durchschnitt um 1.1°C heißer als sie es vor dem industriellen Zeitalter war. Der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimawandel (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) sagt vorher, dass FALLS die Kohlendioxid-Emissionen realtiv schnell auf null gesenkt und überdies bis zum Ende des Jahrhunderts negative Emissionen eingeführt werden könnten (d.h. Kohlendioxid wieder aus der Atmosphäre zu entfernen), sich die Temperaturerhöhung auf 1.5°C beschränken ließe. Nach derzeitigen Prognosen sieht es jedoch eher so aus, als würde selbst das Ziel der Pariser Klimavereinbarung von einem Anstieg um 2°C weit verfehlt werden. Tatsächlich müssen wir uns auf eine Erwärmung zwischen 3°C und 4°C gefasst machen. Und das ist der globale Durchschnitt - in bestimmten Teilen der Erde wird der Einfluss des Klimawandels sogar noch dramatischer sein.

In dem US-Fachmagazin Proceedings of the National Academy of Sciences wurden neue und noch furchterregendere Prognosen veröffentlicht: Falls wir es nicht schaffen, die Temperaturerhöhung bei 2°C zu stoppen, könnte ein kritischer Punkt erreicht werden. Permafrostböden würden zu tauen beginnen und dabei große Mengen an CO2 freisetzen. Das ausgestoßene CO2 würde die Temperaturen weiter erhöhen und dadurch noch mehr CO2 an die Oberfläche befördern. In der Arktis und Antarktis führen die geschmolzenen Eis- und Schneemassen zur Freilegung festen Untergrunds, der durch die dunklere Farbe Sonnenstrahlen schlechter reflektieren und weiter zur Erwärmung betragen würde.

Wenn diese Kettenreaktionen erst einmal gestartet werden, sind sie schwer aufzuhalten und Temperaturerhöhungen von bis zu 5°C über dem vorindustriellen Stand sind möglich. Dies würde einen Anstieg des Meeresspiegels um über 60 Meter mit sich bringen. Einige der größten Städte der Erde würden unter Wasser gesetzt werden. Momentan bewohnte Gebiete würden für Menschen unbewohnbar werden. Große Grundwasserreservoirs würden mit Meerwasser vermengt und ungenießbar werden. Dürren würden zu Missernten führen. Hitzewellen würden tausende Tote fordern und verheerende Waldbrände unsere Sommer prägen. Die Erde würde durch Massenvertreibungen, Kriege über natürliche Ressourcen und Barbarei geprägt sein.

Den Armen nehmen und den Reichen geben

Im Pariser Abkommen wird festgehalten, dass jährlich eine Summe von 100 Milliarden US-Dollar von reichen auf arme Länder überwiesen werden muss, um diese beim Umstieg auf nachhaltige Energiequellen zu unterstützen. Dabei gibt es jedoch ein Problem. Der Transfer von großen Geldmengen um den Globus existiert - jedoch nicht von reichen an arme Länder, sondern umgekehrt.

Jedes Jahr fließt Wohlstand von reichen in arme Länder (Investitionen, Entwicklungshilfen, Kredite etc.) und umgekehrt (Zinsen auf Kredite, Profite aus Investitionen). Am Ende des Jahres sind es jedoch insgesamt 2 Billionen US-Dollar mehr, die von armen an reiche Länder fließen! Mit anderen Worten: Im Interesse des Kapitals werden die ärmsten Länder der Welt in einem Status der Unterentwicklung – oder genauer gesagt: der einseitigen Entwicklung - gefangen gehalten.

Das Resultat ist, dass die Ärmsten in den ärmsten Ländern nicht die Infrastruktur zu Verfügung haben oder haben werden, um sich gegen die Auswirkungen der aufkommenden Katastrophe zu schützen. Und es gibt nichts, was der Kapitalismus dagegen tun könnte.

Problem: Überproduktionskrise

Das Problem des Kapitalismus ist: wenn nachhaltige Energiequellen billig und in Hülle und Fülle produzieren können, so wie sie es versprechen, wird der Markt übersättigt werden. Damit gehen wir einer klassischen Überproduktionskrise entgegen

.In den letzten Jahren hat die Solarenergie eine Renaissance erlebt und ist in manchen Kreisen zum Hoffnungsträger für die kommende Epoche geworden. Zwischen 2012 und 2016 ist in den USA die Anzahl an neugebauten Solaranlagen um 350% gestiegen, während gleichzeitig die Kosten massiv gesunken sind.

Doch trotz des weiten Weges dahin (die Solarenergie macht derzeit nur 2% der weltweiten Energieproduktion aus) stecken Amerikas größte Solarzellen-Hersteller wegen der Überproduktion in einer Existenzkrise. Diese Krise ist beispielhaft dafür, wie die Gesetze des Kapitalismus die Einführung neuer Technologien behindern:

„Jürgen Stein, Boss von SolarWorld Amerika, weist darauf hin, dass die globale Überkapazität die Preise senkt und damit Unternehmen dazu zwingt mehr Solarzellen zu produzieren um durch den Größenvorteil ihre Kosten gering zu halten. Dies wiederum senkt den Preis von Solarzellen noch weiter.“ (The Economist, 17 Aug 2017)

Das Resultat ist eine Krise, die droht, genau die Fabriken zu schließen und zu zerstören, die die billigen Solarzellen produzieren, welche zumindest einen ersten Schritt in Richtung einer Lösung des Problems des Klimawandels darstellen könnten. Ironischerweise wenden sich diese UnternehmerInnen jetzt an Trump, dem Verteidiger von „schöner, sauberer Kohle“ und bitten ihn um protektionistische Maßnahmen. Protektionismus ist jedoch keine Lösung. Genauso wenig können Subventionen für nachhaltige Energieproduzenten die Krise lösen. Durch diese wird der Markt noch weiter übersättigt, wodurch der Sektor noch weiter in die Krise abrutscht.

Das Versagen des Marktes

Soweit, so schlecht. Der Kapitalismus, der schon an dieser ersten Hürde scheitert, kann nicht einmal davon träumen, die weiteren, noch viel größeren Hürden zu überwinden. Nahezu alle Modelle der IPCC, die von einer ausreichenden Abschwächung des Klimawandels ausgehen, um das 2°C Ziel nicht zu überschreiten, setzen voraus, dass es negative Emissionen gibt. Mit anderen Worten bedeutet das, dass wir CO2 aus der Atmosphäre entfernen müssten. Die Umsetzung ist nicht so kompliziert wie es klingt. Einige der technisch unkomplizierten Lösungen ist jedem bekannt: Landwirtschaftlichen Anbauflächen müssten rationaler organisiert werden, oder massive Wiederaufforstungsprogramme müssten gestartet werden. Einige der High-Tech Lösungen (wie etwa „Enhanced Weathering“, bei dem CO2 durch Umsetzung mit Mineralien aus der Luft gefiltert wird) bleiben jedoch zu teuer und würden große Investitionen voraussetzen, um sie als Alternativen denkbar zu machen.

Nachdem es sich herausgestellt hat, dass es keine leichte Aufgabe ist, einen Markt für nachhaltige Energien zu schaffen, ist ganz offensichtlich, dass negative Emissionen im kapitalistischen Wirtschaftssystem ein Wunschtraum bleiben werden. Niemand weiß, wie man durch die Entfernung von Treibhausgasen aus der Atmosphäre Profit machen kann – und deshalb wird es auch nicht passieren!

Der Nationalstaat

Es ist damit klar, dass der Privatbesitz an Produktionsmitteln und das Bestreben, Profite zu generieren, unüberwindbare Barrieren darstellen. Jedoch gibt es im Kapitalismus auch noch eine andere Barriere: Die Grenzen und Beschränkungen des Nationalstaats.

Eine offensichtliche Lösung für Europas Energieprobleme, die auch bereits diskutiert wurde und für die die nötige Technologie bereits existiert, wäre es, in unbewohnte Teilen (z.B.) der Sahara Solarpaneele aufzustellen und die hergestellte Energie in die Länder zu schicken, in denen sie benötigt wird. Das deutsche Kapital hat in den frühen 2000ern sogar damit begonnen, Schritte in Richtung eines solchen Szenarios zu setzen - aus Gründen, die nichts mit dem Klimawandel zu tun hatten. Jedoch ist das Projekt bald wieder in sich zusammengebrochen. Die unüberwindbare Hürde war es, die von Konflikten und Problemen zerrissenen verschiedenen Nationalstaaten unter einen Hut zu bringen.

Jeder Versuch in nachhaltige Energien zu investieren, läuft darüberhinaus gegen das innenpolitische Interesse „unserer“ KapitalistInnen. Weit davon entfernt, den „Markt sich selbst regulieren zu lassen“ subventionieren Nationalstaaten überall ihre eigenen Erdölunternehmen zu dem einfachen Zweck, ihnen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der ausländischen Konkurrenz zu verschaffen. Diese Subventionen betragen weltweit jährlich 600 Milliarden US-Dollar.

Unsere Antwort: Sozialismus

Der Klimawandel stellt eine weltweite Gefahr dar und verlangt sofortige Gegenmaßnahmen. Die ganze „heiße Luft“ und die „Beschlüsse“ der internationalen Gipfel sind nur dazu da, den Eindruck zu erzeugen, dass etwas getan wird. Aber die Herrschenden im Kapitalismus können keine ernsthaften Maßnahmen im Kampf gegen den Klimawandel setzen, denn es ist die Anarchie ihres Systems, das diesen erst geschaffen hat.

Die Entwicklung von Wissenschaft, Technologie und Industrie hat uns in ein Zeitalter gebracht, in dem die menschliche Entwicklung in voller Harmonie mit unserer Umwelt ablaufen könnte. Und trotzdem verdammt dieses Wirtschaftssystem und die „unsichtbare Hand des Marktes“ Milliarden Menschen zum Leiden und führt unsere gesamte Zivilisation an den Abgrund.

Die nötigen Maßnahmen, um den Klimawandel zu stoppen, sind schnell aufgezählt. Es braucht einen internationalen Plan, um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen und den Umstieg auf erneuerbare Energien zu koordinieren (die Technologien dazu existieren bereits). Programme der „Negativen Emissionen“ müssen weltweit umgesetzt und koordiniert werden. Die Landwirtschaft muss weltweit rationalisiert und zentral geplant werden, bei gleichzeitiger Abwendung von Monokulturen und einer Wiederaufforstung.

Keine dieser Maßnahmen ist umsetzbar, solange die gigantischen Monopole, die momentan die Weltwirtschaft beherrschen, nicht unter demokratische Kontrolle gebracht werden, um den Interessen der Gesellschaft zu dienen. Man kann nicht kontrollieren, was man nicht besitzt. Eine kürzlich veröffentlichte Studie hat gezeigt, dass weniger als 100 Unternehmen für 70% der industriellen CO2 Ausstöße verantwortlich sind. Gleichzeitig sind nur 500 Unternehmen für 70% der Waldrodungen verantwortlich. Ein winziger Anteil der Agarunternehmen sind für den Löwenanteil verantwortlich. Wir müssen die Kontrolle über diese Banken, Versicherungen, Agrarunternehmen und andere Monopole übernehmen und sie unter einem weltweiten, demokratischen Produktionsplan zusammenführen.

Die Menschheit muss aus der doppelten Zwangsjacke aus Privateigentum und Nationalstaaten ausbrechen, die unsere Entwicklung behindern. Das absolute Versagen des kapitalistischen Systems und der globale Charakter der Krise bedeuten, dass es nur einen Ausweg geben kann: eine weltweite sozialistische Revolution.