Hamburger G20-Gipfeltreffen: Machtdemonstration der herrschenden Klasse

Während die Staats- und Regierungschefs der wichtigsten kapitalistischen und imperialistischen Länder bei ihrem jüngsten Hamburger G20-Treffen unverbindliche Erklärungen und „heiße Luft“ ohne Nachwirkung produzierten, werfen der massive, rekordverdächtige Polizeieinsatz in der Hansestadt und die zu Tage getretene Randale noch über eine längere Zeit sehr viele Fragen auf.

Was überhaupt ist die Gruppe der 20 (G20)? Rein formal ist sie ein seit 1999 bestehender informeller Zusammenschluss aus 19 Staaten und der Europäischen Union (EU). In ihr sind imperialistische Groß- und Mittelmächte und Industrieländer wie die USA, Russland, China, Deutschland, Frankreich und Großbritannien ebenso vertreten wie sogenannte „Schwellenländer“. Solche ehemals kolonialen Länder wie Brasilien, Argentinien, Indonesien oder Indien sind von den Großmächten abhängig und entfalten gleichzeitig in ihren Regionen imperialistische Bestrebungen.

Schon in früheren Jahren hatten solche alljährlich irgendwo in der Welt stattfindenden Gipfeltreffen viel Kritik hervorgerufen. Dass eine solche Zusammenkunft von Diktatoren und Halbdiktatoren, Multimilliardären, korrupten Staats- und Regierungschefs und stramm neoliberalen Hardlinern und Feinden der arbeitenden Bevölkerung mitten in der norddeutschen Metropole Hamburg Widerspruch ernten würde, war von vornherein klar. Schließlich ist vielen Menschen bewusst, dass diese Staatschefs Erfüllungsgehilfen weltumspannender Konzerne und direkte Repräsentanten der Kapitalistenklasse und des obersten Prozent der Weltbevölkerung sind. Sie stehen für maximale Profite des Kapitals, für weltumspannende Ausbeutung, Unterdrückung, Umweltzerstörung und Kriege.

Merkel in „guter Gesellschaft“

Kanzlerin Merkel, kurz vor der Bundestagswahl an netten Bildern und dem Image als kluge G20-Moderatorin interessiert, war in diesem Kreise gut aufgehoben. Schließlich gehören deutsche Konzerne mit ihrer aggressiven Exportoffensive nach außen und der Ausweitung eines prekären Niedriglohnsektors nach innen zu den Nutznießern dieser Politik. Sie exportieren Waffen an jetzt schon hochgerüstete Diktatoren und tragen massiv zur Ausplünderung der Menschen und natürlichen Ressourcen in aller Welt und zu den anhaltenden Fluchtbewegungen bei.

Wie schon bei früheren Gipfeltreffen kamen in der vergangenen Woche auch in Hamburg viele G20-Kritiker aus aller Welt zusammen. Beim Alternativgipfel, in zahlreichen Foren, Veranstaltungen und öffentlichen Kundgebungen zeigten sie mit nachvollziehbaren Fakten, Zahlen und Argumenten die Folgen der kapitalistischen Globalisierung auf und stellten die tiefe Kluft zwischen den hehren Ansprüchen der Konzerne und Staatschefs und der alltäglichen Praxis heraus.

Themen wie Freihandel, Klimawandel, Fluchtursachen, Geschlechtergerechtigkeit und Steuervermeidung standen im Mittelpunkt. So wies etwa die Aktivistin Maria Atilana aus Chiapas (Mexiko), die schon vor dem Hamburger Gegengipfel eine Vortragsreise durch mehrere Städte unternahm, in einer eindrucksvollen Präsentation auf die verheerenden Folgen der Freihandelsabkommen Mexikos mit Nordamerika und Europa für die Umwelt, Lebensräume und den Lebensstandard der arbeitenden Bevölkerung hin. Gleichzeitig machte sie ihren Zuhörern Mut, indem sie auf einen erfolgreichen Arbeitskampf im mexikanischen Reifenwerk des Continental-Konzerns zur Verteidigung der Arbeitsplätze hinwies.

Friedliche Massendemonstration

Solche und viele andere Wort- und Diskussionsbeiträge ebenso wie die kämpferische, fröhliche und auch absolut friedliche Massendemonstration eines breiten Aktionsbündnisses am 8. Juli mit rund 80.000 Teilnehmern quer durch die Hansestadt waren die wichtigsten politischen Höhepunkte der Gegenbewegung. Gut vertreten waren Gewerkschaften, DIE LINKE und andere linke Organisationen, Attac und MigrantInnen. Auch sehr viele Mitglieder kurdischer Organisationen marschierten mit, was dem türkischen Präsidenten Erdogan sicher ein Dorn im Auge sein dürfte. Doch in den meisten Mainstreammedien wurden diese Veranstaltungen weitgehend ausgeblendet. Bei unbedarften Beobachtern aus der Ferne, bei  Zeitungslesern, Fernsehzuschauern und Internetsurfern blieb am Ende als wesentlicher Eindruck eine neu aufflammende Debatte über „linksextreme Gewalt“ hängen. Dies ist kein Zufall und dürfte von den politischen Entscheidungsträgern durchaus so gewollt sein.

„Heiße Luft“

Das offizielle Ergebnis des Gipfels ist ausgesprochen „dünn“. So einigten sich die Teilnehmenden in einer Abschlusserklärung auf viele „Allgemeinplätze“ und „heiße Luft“, die auch aus bürgerlicher Sicht den Aufwand eines solche Treffens niemals rechtfertigen können. So bleibt es dabei, dass die USA weiterhin das Pariser Klimaschutzabkommen ablehnen und die anderen Staaten dafür sind – bis auf die Türkei, deren Präsident Erdogan weiter mit einem Boykott des Klimaabkommens droht. Dabei hat sich auch keines der G20-Mitglieder in Sachen Klimaschutz mit Ruhm bekleckert – man denke nur an den VW-Abgasskandal. Dass man „Protektionismus und unfaire Handelspraktiken bekämpfen“ will, gehört bei solchen Veranstaltungen eigentlich zum guten Ton. Gleichzeitig gestand man den USA und anderen „rechtmäßige Verteidigungsinstrumente im Handel“ zu. Wie solche Formulierungen hinterher ausgelegt werden, bleibt offen. US-Präsident Trump könnte darin durchaus ein Recht auf „Schutz des heimischen Marktes“ und Maßnahmen gegen eine „Benachteiligung amerikanischer Firmen“ ableiten. EU-Kommissionspräsident Juncker drohte am Rande des Treffens mit raschen Sanktionen gegen mögliche Einfuhrbehinderungen durch die USA. Der Kampf um die Weltmärkte geht vor dem Hintergrund der kapitalistischen Überproduktionskrise also weiter.

Wenig aussagekräftig sind auch Bekenntnisse der G20-Führer, man wolle „gemeinsam gegen Terrorismus“ vorgehen und strebe in der Flüchtlingsfrage „Maßnahmen gegen Schleuser und Menschenhändler“ an. Dies lässt ahnen, dass die Abschottung gegen Flüchtlinge weiter geht – in den USA wie im Mittelmeer. Außer teuren Spesen ist wirklich nichts gewesen!

Polizeieinsätze

Als Anfang Juli die ersten G20-Kritiker anreisten und die ersten Gegenveranstaltungen begannen, waren sie von Anfang an mit einer massiven Präsenz der bewaffneten Staatsgewalt konfrontiert. Hamburgs rot-grüner Senat, allen voran Bürgermeister Scholz und Innensenator Andy Grote (beide SPD) setzte in Absprache mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf eine massive Polizeipräsenz mit Beamten, die aus allen Bundesländern herangekarrt wurden. Zusammen mit den eingesetzten Bundeswehrsoldaten und Geheimdienstmitarbeitern in zivil dürften es über 20.000 Vertreter der Staatsgewalt gewesen sein. Intern waren die Polizeieinheiten darauf vorbereitet worden, dass sie die Gelegenheit und Anlässe bekommen würden, ihren „Frustrationen und angestauten Aggressionen freien Lauf zu lassen, egal was passiert“. So jedenfalls erfuhren wir es direkt von einem der eingesetzten Polizeibeamten aus Ostdeutschland. Mit Meldungen über bevorstehende gewaltsame Randale wurde allen Protesten indirekt ein krimineller Charakter verliehen. Viele Beobachter fragten und fragen sich, ob die Regierenden aus politischen Gründen gezielt eskalieren wollten und entsprechende Bilder brauchten. Ob man hier nicht gar den Anlass suchte, um sich auf gesellschaftliche Konflikte und soziale Unruhen vorzubereiten und für ein Bürgerkriegsszenario mit Ausnahmezustand, aufwändig errichteter Gefangenensammelstelle für festgenommene Demonstranten und der Bekämpfung von Massenprotesten zu üben. Zum Einsatz kamen auch Einheiten von Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Polizei, die nach Augenzeugenberichten mit Maschinenpistolen in Häuser eindrangen und bei Unbeteiligten große Ängste auslösten. Die Arbeit im bewaffneten Dienst des Staatsapparats holt aus Menschen das absolute Widerwärtigste heraus, was sie zu bieten haben. Das sieht man insbesondere bei den Robo-Cops im Rahmen von G20. Das liegt aber nicht in der konkreten bösen Moral dieser Personen begründet, sondern ist fester Bestandteil einer Klassengesellschaft.

So fiel gleich in den ersten Tagen an vielen Stellen die Rücksichtslosigkeit, Kaltschnäuzigkeit und Brutalität vieler eingesetzter Polizisten auf. Davon zeugen viele kleine Augenzeugenberichte, die noch längst nicht alle ausgewertet sind. Die Polizei missachtete einen Gerichtsbeschluss, ließ den polizeilichen Notstand ausrufen und räumte das Camp Entenwerder in der Nacht zum Montag mit einer aggressiven Polizeioffensive, bei der auch Journalisten zu Opfern von Knüppeln und Pfefferspray wurden, obwohl von den Kampierenden und ihren Zelten keine Gewalt ausging. Überhaupt wurden am Rande von Veranstaltungen viele Inhaber eines Presseausweises gewaltsam an der Ausübung ihrer Recherchearbeit gehindert. „Ein massiver Eingriff in die Pressefreiheit, ein beispielloser Verstoß gegen den Datenschutz: 32 Journalisten wurde beim G20-Gipfel nachträglich die Akkreditierung entzogen. Waren Hinweise von ausländischen Geheimdiensten der Grund?“, meldete die Tagesschau auf www.tagesschau.de. Viele Berichte, Bilder und Videos, die in sozialen Netzwerken in Windeseile verbreitet wurden, sprechen für sich. Über das Vorgehen der Staatsgewalt empörten sich auch viele zunächst unbeteiligte Menschen aus der Hansestadt. Verantwortliche von Schauspielhaus und Kirchen boten den Aktivisten spontan ein Dach über dem Kopf für die Übernachtung an.

Gewollte Eskalation?

Viel spricht dafür, dass die Eskalation im Laufe der Tage von der Einsatzleitung der Polizei gewollt war und eine Deeskalation keine Chance hatte. Tagelang kamen in vielen Medien seit Beginn der Gegenveranstaltungen sogenannte „Experten“ zu Wort, die ausführlich ihre haltlosen Thesen von einer Gleichsetzung von Linksextremismus und Rechtsextremismus propagierten. Am Donnerstagabend (6. Juli) stoppten vermummte Polizisten die von autonomen Gruppen langfristig angemeldete und genehmigte Demonstration „Welcome to Hell“ unter dem Vorwand, dass sich ein Block aus Vermummten in der Demonstration befand. Die dabei zu Tage getretene Polizeigewalt steigerte die Wut und dürfte einzelne Aktivisten provoziert haben. Die Randale nahm ihren Lauf mit sinnlosen Zerstörungen und Verwüstungen, die am Freitagvormittag (7. Juli) im Hamburger Schanzenviertel ihren Höhepunkt fanden. Bezeichnenderweise war die sonst omnipräsente Polizei hier offenbar lange Zeit nach Beginn der Gewaltausbrüche nicht zu Stelle.

An diesem Freitag kippte die Stimmung. Seither beherrschen nicht mehr die Politik der G20-Spitze, geschweige denn die vielen bei den Gegenveranstaltungen vorgetragen Fakten und politischen Alternativen die öffentliche Debatte, sondern rechte Forderungen nach einer konsequenten Bekämpfung des „Linksextremismus“ und noch mehr Aufrüstung des Staats die politische Debatte. Dies ist offenbar ein gefundenes Fressen für rechte Law-and-Order-Politiker, eine durchaus willkommene Ablenkung vom Alltag im real existierenden Kapitalismus und Projizierung auf das neue alte innere Feindbild „Linksextremismus“.

Randale

Es ist bezeichnend, dass die Herrschenden und ihre politischen und medialen Helfer eine genaue Auswertung der Randale rund um das Schanzenviertel gar nicht abwarten können und manche offenbar schon vor den Ereignissen wussten, wer da angeblich die Verantwortung trägt. Denn individueller Terror in Form von Plünderungen von Supermärkten und Geschäften, verbale und physische Drohungen gegen verängstigte Angestellte und Kunden, das Anzünden parkender Autos, Brandstiftung und sinnlose Zerstörung von Einrichtungen und Gebäuden haben mit linken, revolutionären Zielen und der Tradition der sozialistischen Arbeiterbewegung rein gar nichts zu tun. Es gibt keinen inhaltlichen, personellen oder sonstigen Zusammenhang zwischen den allermeisten Linken und diesen Ausschreitungen.

Nach Stand der Dinge und aufmerksamen Augenzeugen könnten neben verselbstständigten und politisch im Grunde verzweifelten und völlig demoralisierten Teilen der Autonomen und Anarchisten aus ganz Europa aber auch ganz andere, teilweise apolitische Kräfte unter den Tätern gewesen sein. „Meist geht es den gelangweilten Kindern aus 'besserem Hause' eher um eine perverse Triebbefriedigung durch Randale und Gewalt. Hamburg war für sie eher ein Abenteuerspielplatz, der G20-Protest ein 'Event', apolitisch und inhaltsleer“, schreibt Jens Berger auf den „Nachdenkseiten“. Hinzu kamen offenbar entwurzelte Jugendliche und Kleinkriminelle, welche die Gunst der Stunde nutzten, um Handyläden zu plündern und ihrem Frust freien Lauf zu lassen. Es könnten aber auch gezielte Provokateure der Staatsgewalt gewesen sein, die einen Vorwand für Repression und Hatz auf Linke schaffen sollten. Historisch gesehen war das auch bei den Protesten gegen den G8 Gipfel in Genua 2001 der Fall. Vielleicht hatten sich auch rechte und faschistische Gangster unter die Menge gemischt, die sich mit individuellem Terrorismus, Brandstiftung und Körperverletzung auskennen. Wir werden in den kommenden Wochen sicher mehr erfahren.

Was nun?

Wie dem auch sei – schonungslose Kritik und eine Aufarbeitung der Ereignisse sind aus marxistischer Sicht angebracht. Vor allem auch Kritik an der Taktik und Strategie der sogenannten „Autonomen“, sprich einer postmodernen bzw. Hipster-Form des Anarchismus. Unsere inhaltliche Kritik: Diese Kräfte sind nicht in der Lage, eine kohärente Theorie zu liefern, um die Gesellschaft oder sonst etwas zu erklären, was sich irgendwo tut. Wir kritisieren aber auch ihre Methoden, weil sie dazu führen, dass eine bereits sehr kleine und isolierte radikale Linke weiterhin isoliert bleibt. Wer sich mit „normalen“ werktätigen Menschen und politisch noch nicht bewussten ArbeiterInnen unterhält, muss sich permanent für diese Typen rechtfertigen und eine Grenze ziehen, anstatt gleich positiv über die Inhalte des Marxismus zu sprechen. Sobald Leute aus diesem politischen Spektrum individuellen Terror gegen die Zivilbevölkerung anwenden, gegen Busse, Supermärkte oder öffentliche Einrichtungen und Infrastruktur, haben sie jede Solidarität verspielt.

Wir müssen mit eigenen Ordnern dafür sorgen, dass bei Demos aus unseren Blöcken heraus keinerlei Randale hervorgeht. Es darf auch keine Hippie-Toleranz geben, die etwa – wie bei der Großdemo am 8. Juli zu beobachten war – den Verkauf von Alkohol auf Demos zulässt. Eine politische Großveranstaltung mit massiver Polizeipräsenz und mehreren Wasserwerfern ist trotz Kulturprogramm kein Festival und darf durch Alkohol- und Rauschmittelkonsum nicht gefährdet werden. Gegenüber Leuten, die wahllos am Rande relevanter Demos herumlungern, saufen, unnötig Stress machen und manchmal auch PassantInnen anpöbeln, darf es ebenfalls keine Toleranz geben. Wir wollen bisher passive Zuschauer nicht anpöbeln, sondern agitieren und überzeugen. Für MarxistInnen auf Demonstrationen ist außerordentlich wichtig, nicht nur in dem Sinne attraktiv zu sein, dass man militant, revolutionär, gut sichtbar und kämpferisch auftritt, sondern auch, dass man vor allem in seinem eigenen Block für Ordnung sorgt. Das heißt unter anderem auch, dass man sich selbst jeglicher Rauschmittel auf politischen Demonstrationen enthält und dafür sorgt, dass das im eigenen engsten Demo-Umkreis nicht passiert und die Leute, die sich nicht daran halten, weg bittet und jegliches Fehlverhalten und Ausdrücke von Sexismus und Pöbeleien unterbindet. Wie sinnlos und kontraproduktiv individuelle Randale aus marxistischer Sicht ist, haben wir bereits in einem anderen Artikel mit dem Titel „Autonome Linke: Hilft Randale weiter?“ ausführlich beschrieben.

Das Einzige, was noch größer ist als die Dummheit und Falschheit der politischen Ideen und Strategien von einigen Autonomen und AnarchistInnen, sollten sie die Randale vom Wochenende noch irgendwie rechtfertigen, ist in diesem Zusammenhang das skandalöse Verhalten des deutschen Staatsapparats. Die bürgerliche Demokratie wird in der Systemkrise des Kapitalismus immer weiter unterhöhlt und verliert selbst den geringen Wert, den sie bisher hatte. Demokratische Rechte und Freiheiten der Bevölkerung werden in der Praxis zunehmend eingeschränkt. Es ist letztlich völlig egal, was Gesetze und Gerichte sagen oder beschließen. Der Staatsapparat macht was er will. Er zeigt, dass er in letzter Instanz eine besondere Formation bewaffneter Menschen zur Aufrechterhaltung der bestehenden kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse ist.

Bei der Hamburger Demonstration am 8. Juli war der funke mit jeweils zwei Info- und Büchertischen von Anfang bis Ende vertreten. Unser Rekordumsatz bei politischer Literatur spricht für ein starkes Interesse an marxistischen Ideen. Wir werden weiter an Protesten und Gegenveranstaltungen wie in Hamburg teilnehmen. Im Kampf um die Köpfe und das Bewusstsein brauchen wir aber kein künstlich erzeugtes Chaos, sondern Kommunismus in Form von Gesprächen, Flyern und politischer Literatur.

Lasst Euch nicht durch die Propaganda nerven und vom berechtigten Protest abhalten! Nehmt an den politisch-stabilen Demos und Blöcken teil! Seid solidarisch mit Leuten, die Opfer von Polizeigewalt werden, ohne Euch vom dumm-dreisten Krawalltourismus von einigen Autonomen und Anarchos mitreißen zu lassen! Aber hört auch auf zu glauben, dieser Staat sei neutral und die Fehler von irgendwelchen durchgeknallten „Anarchos“ seien so schlimm oder mehr erwähnenswert als die Verbrechen der Herrschenden. Den Autonomen mit ihren Slogans wie "Don't fight the player, fight the game!" stellen wir die Frage, wie denn das Spiel beendet werden soll, ohne zuerst den Gegner zu besiegen? Wir sagen: "Fight both the player and the game!"

In diesem Herbst feiern wir den 100. Jahrestag der Russischen Oktoberrevolution. Dabei dürfen wir nie vergessen, dass der Bolschewismus als letztlich führende revolutionäre Strömung in der russischen Arbeiterbewegung in einem jahrzehntelangen politischen Kampf gegen opportunistische und ultralinke Tendenzen entstand und gefestigt wurde. Gerade auch in der Auseinandersetzung mit Spielarten von Anarchismus und individuellem Terrorismus, die statt geduldiger Überzeugungsarbeit unter der arbeitenden Bevölkerung auf individuelle Terrortaten und eine angebliche „Propaganda der Tat“ setzten. In diesem Sinne ist es nach den Hamburger Erfahrungen angebracht, die marxistischen Klassiker zu studieren und unsere Generation theoretisch und praktisch auf die kommenden revolutionären Kämpfe vorzubereiten.

Wir brauchen und wollen keinen autonomen schwarzen Block aus isolierten Sekten, sondern einen sozialistischen roten Block der Arbeiterklasse und linken Parteien im Sinne einer Einheitsfront. Wir wollen keinen planlosen individuellen Vandalismus, sondern bewusste Aktionen der Mehrheit der Arbeiterklasse zum Sturz des kapitalistischen Herrschaftssystems.